Tropenkoller by Georges Simenon

Tropenkoller by Georges Simenon

Autor:Georges Simenon [Simenon, Georges]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
veröffentlicht: 2014-03-22T23:00:00+00:00


War allein der Zwischenfall mit der Hütte daran schuld? Nein, auch die Erschöpfung und die Hitze mußten für Timars Verfassung verantwortlich sein. Die Sonne stand senkrecht über ihren Köpfen, und auch der Fahrtwind auf der Pinasse reichte nun nicht mehr aus, ihnen so etwas wie Frische zu vermitteln. Das immer selbe Bild der Landschaft wurde allmählich bedrückend.

Er hatte aus einer Büchse lauwarme Pastete und dazu altbackenes Brot verzehrt. Aber er hatte schon zwei Gläser Schnaps getrunken.

Es kam immer zur selben Stunde über ihn: Zwischen zehn und elf Uhr vormittags fühlte er sich wie ausgehöhlt, und es wurde ihm erst wieder wohler, wenn er ein bißchen Alkohol zu sich genommen hatte.

Adèle blieb guter Laune, aber sie zeigte das zu deutlich, und Timar fand ihre gute Stimmung nicht natürlich. Gewöhnlich strengte sie sich nicht so an, ihn um jeden Preis aufzumuntern, sondern war stiller und zurückhaltender.

Was mochte sie in der Hütte eines Negers zu tun haben? Und warum hinterher dieses Lächeln, diese Koketterie?

Timar hatte sich schließlich im Heck der Pinasse niedergelassen, und während sein Blick im Tempo des Bootes über den unregelmäßigen Grat der Baumwipfel wanderte, verschlechterte sich seine Laune zusehends.

»Gib mir die Flasche!«

»Jo!«

»Was denn? Darf ich nicht mehr Durst haben?«

Resigniert reichte sie ihm den Flakon mit Whisky. Und so leise, daß er es kaum verstand, stammelte sie:

»Sei auf der Hut!«

»Wovor? Vor den Negerinnen, die ich in ihren Hütten aufsuchen könnte?«

Er wußte, daß er ungerecht war. In letzter Zeit passierte ihm das öfter, aber er konnte nichts dagegen tun. In diesen Augenblicken war er davon überzeugt, daß er sehr unglücklich war, daß er das Opfer war und daß er berechtigt war, jedermann böse zu sein.

»Du wirst doch nicht etwa meckern wollen, ausgerechnet du, die davon gelebt hat, andere Leute betrunken zu machen!«

Hinten in der Pinasse lag ein Gewehr für den Fall, daß sie irgendein Wild erlegen könnten, aber außer einigen Vögeln hatten sie noch nichts gesehen. Dagegen fehlte es nicht an Fliegen, und man mußte ununterbrochen die Hand schwenken, um sie zu verscheuchen. Timar wußte, daß das ganze Flußgebiet von Tsetsefliegen verseucht war, und er zuckte jedesmal, wenn sich so ein Insekt auf seine Haut setzte, erschreckt zusammen.

Außer sich vor Wut sprang er plötzlich auf und riß seine Jacke herunter, unter der er nur ein kurzärmeliges Hemd trug.

»Das ist ganz verkehrt, Jo! Du wirst dir was holen!«

»Na und?«

Auch ohne Jacke schwitzte er nicht weniger, im Gegenteil! Aber wenigstens klebte ihm der Schweiß jetzt nicht mehr unter den Armen oder auf der Brust. Es war ein anderes Gefühl, eine Wollust fast, dieses Brennen auf der Haut zu spüren.

»Gib mir die Flasche.«

»Du hast genug getrunken.«

»Ich sage dir, du sollst mir die Flasche geben!«

Und er bestand hartnäckig darauf, um so mehr, als er wußte, daß der Neger ihnen trotz seiner äußeren Gleichgültigkeit genau zuhörte und sich seine Gedanken über sie beide machte. Aus Trotz trank er gierig, streckte sich dann auf der Bank aus und legte den Kopf auf seine zusammengerollte Jacke.

»Hör mal, Jo. Die Sonne ist so stark und …«

Er antwortete ihr gar nicht.



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